6. März 2017

LMV März 2017: Keine Abschiebungen nach Afghanistan!



Die GRÜNE JUGEND Hessen stellt sich den Abschiebungen nach Afghanistan klar entgegen. Grundsätzlich sollten sich alle Menschen auf der Welt frei bewegen und ihren Wohnort selbst bestimmen können. Besonders problematisch wird die Unterteilung der Welt durch Grenzen allerdings, wenn die Bundesregierung in Kriegsgebiete abschieben möchte.

Afghanistan ist nicht sicher!

Afghanistan ist nach übereinstimmender Ansicht nahezu aller engagierter NGOs und vieler weiterer Berichte kein sicheres Land – und es gibt auch keine sicheren Bereiche in Afghanistan. Das UNHCR spricht davon, das „gesamte Staatsgebiet Afghanistans“ sei „von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15 c der EU-Qualifikationsrichtlinie betroffen“.

Die Ansicht der Bundesregierung, in Afghanistan drohe keine Gefahr für Leib und Leben, erscheint innenpolitisch motiviert und erfordert eine klare Antwort. Wird diese Einschätzung, und damit eine Politik, die bewusst Menschenleben gefährdet, nicht geändert, ist es geboten, sich dieser Politik entschlossen in den Weg zu stellen.

Auch die „freiwillige“ (und staatlich unterstützte, oft Abschiebungen zuvorkommende) Rückkehr zahlreicher Geflüchteter ändert nichts an der beschriebenen Problematik von Abschiebungen, da – wie oben bereits erwähnt – die freie Wahl des Wohnortes essenziell für eine liberale Weltordnung ist. Die „freie“ Entscheidung Einzelner zur Rückkehr in ihr Herkunftsland sollte daher nicht dahingehend ausgelegt werden, Rückführungen zur gängigen Praxis und aus persönlichen Entscheidungen staatlich verordnete Gewalt zu machen.

Strategien für Sicherheit in Afghanistan entwickeln

Auch wenn CDU/CSU im Wahlkampf den Eindruck vermitteln wollen, dass 16 Jahre Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan erfolgreich waren, entspricht dies nicht der Realität. Vielmehr sind gerade seit dem Teilabzug der Truppen im Jahre 2014/15 lokale Warlords und Taliban-Strukturen wieder erstarkt.

Statt des Luftschlosses „sicheres Herkunftsland“ sollten also Strategien entwickelt werden, die es den Menschen in Afghanistan ermöglichen wieder in Frieden und Sicherheit zu leben. Zudem sollten lokale demokratische Strukturen besonders unterstützt werden, um in Zukunft freie Wahlen im ganzen Land zu ermöglichen.

Rechte Politik bestärkt Rechte in Ansichten und Taten

Sammelabschiebungen in gecharterten Flugzeugen stellen eine politische Inszenierung dar. Sie lösen keine Integrationsprobleme, bekämpfen keine Fluchtursachen, gefährden jedoch Menschenleben und machen Zukunftsperspektiven zunichte. Die Bundesregierung versucht damit Stimmen von Rechtsaußen (zurück) zu gewinnen und nationalistische und rassistische Positionen in den eigenen Parteien zu befriedigen. Weitere Verschärfungen des Asylrechts, Abschiebungen in Krisengebiete und die Einteilung in sicherheitspolitische „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete stellen eine Abkehr von der Willkommenskultur dar. Zudem sind sie eine nicht zulässige Vermischung von Asylrecht und Sicherheitspolitik. Darüber hinaus stärkt ein Zugehen auf rechte Positionen rechte Parteien. Wird gewalttätigen extremen Rechten, die Geflüchtetenunterkünfte in Brand stecken, mit einer rechten Politik entgegengekommen, bestärkt dies darüber hinaus das Narrativ vom Erfolg rechter Gewalt und erhöht so das Risiko des Rechtsterrorismus.

Klare grüne Politik in Land und Bund

Aus diesen Gründen unterstützt die Grüne Jugend Hessen Proteste gegen die Abschiebepraxis, insbesondere nach Afghanistan, und fordert alle politischen Akteur*innen und Verwaltungen auf, sich nicht daran zu beteiligen. Wir fordern, dass die grünen Verantwortungsträger*innen in Partei, Fraktionen und Landesregierungen sich klar gegen Abschiebungen nach Afghanistan positionieren, sich dagegen engagieren und andere menschenrechtswidrige Abschiebungen versuchen zu verhindern. Die Grünen und Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung sollten Abschiebungen nach Afghanistan und insbesondere Sammelabschiebungen nicht tolerieren. Es reicht nicht, die Bundesregierung zur Überprüfung und Überarbeitung ihrer Einschätzung aufzurufen! Darüberhinaus soll Hessen sich nicht an Planungen der Bundesregierung für Bundesausreisezentren und weitere Maßnahmen gegen Geflüchtete beteiligen.

Keine Relativierung der Menschenrechte

In der politischen Kommunikation und praktischen Politik ist es der Grünen Jugend Hessen darüber hinaus wichtig, dass die eigene Position nicht dadurch aufgeweicht werden darf, dass Abschiebungen für bestimmte Gruppen als legitimer als für andere dargestellt werden. Die Debatte um eine Abschiebung „krimineller Ausländer“ darf nicht befeuert werden, indem beispielsweise verkündet wird, eine Abschiebung in Kriegsgebiete sei für Straftäter*innen angemessen. Für Straftaten sieht der Rechtsstaat ein Justizsystem vor. Eine Abschiebung in Kriegsgebiete ist auch für Menschen, die eine Straftat begangen haben, inhuman.

Auch einer Abschiebung von Terrorist*innen ist klar zu widersprechen. Dies würde eine Aufkündigung der internationalen Solidarität im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus darstellen. Vielmehr müssten genau die Länder unterstützt werden, die besonders unter dem Terror leiden und drohen durch ihn ihre Stabilität zu verlieren, wie beispielsweise Afghanistan.

Fluchtursachen beheben, statt Herkunfts- und Transitländer erpressen

Die Bundesregierung verfolgt derzeit – in Zusammenarbeit mit europäischen Partner*innen und der Außenbeauftragten der EU, Federica Mogherini, die Abwehrpolitik gegenüber Geflüchteten in alle Welt auszulagern. Ziel ist es, Rücknahmeabkommen mit Herkunfts- und Transitländern zu erreichen und die sogenannte Grenzsicherung auf den Migrationsrouten zu steigern. Die Durchsetzung von Rücknahmeabkommen, Migrationspartnerschaften und Grenzsicherung wird dabei mit Instrumenten der Entwicklungshilfe verknüpft. Dies geschah auch im Fall Afghanistan, als die deutsche Bundesregierung der afghanischen Regierung im Rahmen der Internationalen Geberkonferenz mit der Drohung der Zurückhaltung von Hilfsleistungen ein Rücknahmeabkommen aufzwang. Auf Basis dieses Abkommens werden nun die Sammelabschiebungen durchgeführt. Nicht zuletzt wird damit weiter zur Destabilisierung von Staaten wie Afghanistan beigetragen, da sie diese Maßnahmen gegen den Willen der Bevölkerung durchführen müssen und ihre nationalen Ökonomien von Geldtransfers von Migrant*innen in höchstem Maße abhängig sind.

Die GRÜNE JUGEND Hessen bezieht klar Position gegen menschenunwürdige Abschiebungen und eine unmenschliche Abwehrpolitik Deutschlands und der EU. Stattdessen fordert die GRÜNE JUGEND Hessen endlich eine Ermöglichung von legalen Fluchtwegen und des freien Personenverkehrs sowie eine Eine-Welt-Politik, die nicht auf Abschottung, sondern auf Gleichberechtigung und Zusammenarbeit aller Menschen auf der Welt setzt.



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