9. Juli 2019

Sonder-LMV Juli 2019: Leitantrag „Europas Jugend will ein besseres Europa!“



Leitantrag „Europas Jugend will ein besseres Europa!“

Die Ergebnisse der Europawahl haben verdeutlicht, dass Europas Jugend mehr, anstelle von weniger Europa möchte. Diese Ergebnisse, vor allem für die Grünen, die nicht nur auf einen enormen Zuwachs in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, wie Frankreich, den Niederlanden und Italien zurückzuführen sind, verdeutlichen den Vertrauensvorschuss, den uns die Wähler*innen geben. Sie fordern eine echte Gleichberechtigung aller Menschen in Europa, sowie eine soziale, faschismusfreie und vor allem eine europäische Union, die sich den globalen Herausforderungen, wie dem Klimawandel und der weltweiten Friedenssicherung verschreibt. Dabei ist es auch unsere Aufgabe als GRÜNE JUGEND auf die Forderungen und Wahlversprechen hinzuwirken. Wir kämpfen weiter für ein solidarisches, gerechtes und friedliches Europa und gegen Grenzzäune und rechte Strukturen.

Europäischer Klimaschutz auf allen Ebenen

Wir fordern einen echten Klimaschutz auf allen politischen Ebenen, der CO2 merklich reduziert. Wir wollen eine europäische Klimapolitik, die dem 1,5 Grad Ziel standhält. Dazu brauchen wir eine energische Umsetzung des europaweiten Kohleausstiegs bis 2030 und 100 Prozent Erneuerbare Energien mit der europäischen Energiewende. Kerosin muss endlich besteuert werden und Fluggesellschaften dürfen nicht mehr mit Steuervorteilen davon kommen. Auch die CO2 Steuer muss in Deutschland und in ganz Europa durchgesetzt werden, dabei gilt der Richtwert 180€ pro emittierter Tonne CO2-Äquivalent.

Europa muss das Verbot von Einweg-Plastik umsetzen und Mehrweg-Plastik besteuern. Regelungen für das Pfandsystem muss von Ausnahmen frei sein, das heißt unter anderem auf Molke-Erzeugnisse muss Pfand erhoben werden und auch Glasflaschen sollten nur noch über Mehrweg-Pfandsysteme laufen. Um unsere Ressourcen zu schonen, ist eine Kreislaufwirtschaft dringend notwendig. Wir fordern den nachdrücklichen Aufbau eines transnationalen, gemeinsamen, elektrifizierten Schienennetzes, sowie schnellere Nachtzugverbindungen in ganz Europa zu bezahlbaren Preisen. Um unsere Klimaziele einzuhalten, können wir uns die Emissionen von innereuropäischen Kurzstreckenflügen nicht leisten. Auch wenn wir in Europa mit immer mehr Ernteausfällen aufgrund extremer werdender Wetterlage zu kämpfen haben, treffen unser planetenzerstörender Konsum und Lebensstil vor allem die Menschen im globalen Süden.

Um kleine und ökologische landwirtschaftliche Betriebe zu fördern, müssen die Agrarsubventionen der EU hauptsächlich nach ökologischen Aspekten und nicht mehr nach Größe vergeben werden. Um unsere Biodiversität zu schützen und den Ertrag der nächsten Jahrzehnte zu sichern, ist die ökologische Bewirtschaftung unserer landwirtschaftlichen Flächen dringen notwendig und muss finanziell gefördert werden. Ebenso fordern wir europaweite Richtlinien für ein besseres Tierwohl in Europa.

Dies beginnt bei einem einheitlichen und transparentem System, welches Aufzucht-, Haltungs- und Schlachtbedingungen aller Nutztiere mit einbezieht. Ebenso dazu zählen das Verbot des Kükentötens, das Verbot von Tiertransporten in Drittländer und das Verbot aller Pelztierfarmen in Europa. Die Folgen des Handelns eines jeden Einzelnen muss dabei noch deutlicher werden und die Europäische Union muss endlich die Konsequenzen ihres Handelns tragen. Die Aufnahme, unter anderem von Klimageflüchteten, ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung.

Rechte aller Menschen stärken

In vielen europäischen Ländern werden diverse Grund- und Menschenrechte massiv verletzt. Menschen, die auf die Straße gehen, erfahren Widerstand, Unterdrückung und Gewalt. Auch Schüler*innen der Fridays For Future Bewegung werden dabei immer wieder mit Anschuldigungen und schulischen Konsequenzen konfrontiert. Wir als GRÜNE JUGEND Hessen solidarisieren uns mit allen Bewegungen weltweit, die für den Erhalt unseres Planeten kämpfen. Wir stehen hinter den Menschen, die in den Kampf um unsere Lebensgrundlage Repressionen erfahren und fordern die Politiker*innen aller Parteien auf, den Schutz der Umwelt als erste Priorität in allen Politikbereichen mitzudenken und umzusetzen. Der Schutz unseres Planeten muss die oberste Bedingung sein!

Alle Menschen in Europa müssen das Recht haben ihre Grund- und Menschenrechte einzuklagen. Wir wollen ein Justizsystem, dass dies garantiert. Der Schutz aller Menschen, egal ob auf dem Mittelmeer oder vor der eigenen Haustür muss durch die Europäische Union und ihre Institutionen garantiert werden. Wir wollen ein Europa ohne Grenzzäune und ein Europa, das die Rettung von Menschen in Not nicht kriminalisiert.

Insbesondere aufgrund der Zunahme von autoritären und rechten Staaten in Europa, sowie rechten Strukturen innerhalb der einzelnen Nationalstaaten ist es grundlegend, dass wir als GRÜNE JUGEND den Ausbau und die Verteidigung von Bürger*innenrechten und Menschenrechte noch deutlicher einfordern. Wir müssen den Schutz von Aktivist*innen, Bürgerrechtler*innen, Whistleblowern und Journalist*innen, sowie gesellschaftlichen Minderheiten gewährleisten. Menschenrechte dürfen nicht vom Pass, dem Geschlecht, der sexuellen Orientierung, der Religionszugehörigkeit oder der Regierung abhängen, sondern müssen für jeden Menschen einklagbar sein, auch im Netz!

Auch die Rechte von LGBTQIA* Personen werden in Europa immer wieder infrage gestellt und Menschen wegen ihres Geschlechtes oder/und ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Wir fordern ein Europa, das sich klar für die Rechte dieser Menschen einsetzt!

Ein neues Europa – auf sozialer und institutioneller Ebene

Die Zustimmungswerte zur Europäischen Union sind in den letzten Jahren, insbesondere bei jungen Menschen, stetig gewachsen. Dies bedeutet vor allem, dass wir als Grüne speziell jungen Menschen in ganz Europa Perspektiven schaffen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen müssen. Die Anpassung der europäischen Sozialstaaten und die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung, welche europäische konjunkturelle Ungleichheiten ausgleicht, ist dabei genauso wichtig wie faire Löhne in ganz Europa – auch in der Ausbildung. Die Aufstockung des europäischen Sozialfonds ist, genauso wie die verpflichtend-faire Bezahlung von Praktika, auch in europäischen Institutionen, ein notwendiger Schritt hin zu einem sozialeren Europa. Auch freie und gute Bildung für alle jungen Menschen in Europa ist unabdingbar! Wir müssen solidarisch dafür einstehen und Konzepte entwickeln, eine gute Perspektive für alle Jugendlichen zu schaffen. Jugendarbeitslosigkeit sollte nicht mehr die Regel sein! Das junge Menschen für eine Berufsausbildung in ein anderes EU-Land emigrieren, soll nur eine von vielen Optionen sein. Im gleichen Zug möchten wir es auch den Personen, durch ein ERASMUS+, welches Berufsausbildungen besser abdeckt, erleichtern eine Berufsausbildung im europäischen Ausland zu machen.

In diesem Jahr wurde uns deutlich gemacht, dass die Jugend von heute die Zukunft von Morgen ist und diese politisch mitgestalten möchte. Um Europa zukünftig auch für alle Menschen zugänglicher zu machen, fordern wir das Absenken des Wahlrechts auch auf europäischer Ebene, denn Wählen ist ein Menschenrecht.

Auch wenn die Europäische Union auf dem internationalen Parkett eine immer größere Rolle spielt, sind viele europäischen Bürger*innen mit der EU und ihren Strukturen nicht zufrieden. Wir müssen eine Arbeitsform finden, die transparent, effizient und bürger*innenfreundlich ist, gleichzeitig die Bürger*innen aller europäischen Staaten mit einbezieht und Partizipation ermöglicht. Die GRÜNE JUGEND Hessen fordert die Durchsetzung demokratischer Strukturen auf allen europäischen Ebenen. Wir brauchen einen Umbau der Institutionen und Strukturen der Europäischen Union. Das Europäische Parlament als gewählte Vertretung aller EU-Bürger*innen muss endlich zu einer Volksvertretung werden.

Es muss uneingeschränktes Budgetrecht bekommen, Gesetzesakte initiieren dürfen und die Europäische Kommission wählen. Auch bei außenpolitischen Missionen und Auslandseinsätzen muss es die Möglichkeit des Vorbehalts geben.

Die Einführung eines europäischen Staatsbürger*innentums ist der Anfang hin zu einem gemeinsamen Europa. Die Stärkung einer europäischen Öffentlichkeit ist dazu die Grundvoraussetzung. Wir wollen europäisch-geförderte, öffentlich-rechtliche Medien in allen Sprachen.

Für eine friedenssichernde Politik in der ganzen Welt

Während die Europäische Union, als das erfolgreichste Friedensprojekt aller Zeit, innerhalb Europas den Frieden sichert und sich für ihren Erhalt einsetzt, egal ob in Irland, im Baskenland oder in der Balkanregion, hat die EU jenseits der europäischen Grenzen noch einiges aufzuholen. Wir brauchen eine europäische Außenpolitik, anstatt der Verstärkung der nationalen Sicherheitsmechanismen. Eine gemeinsame Außenpolitik fördert nicht nur die Stellung der EU im internationalen Kontext, sondern auch den Frieden innerhalb und außerhalb Europas. Eine gemeinsame außenpolitische Strategie aller Staaten ist notwendig, um Frieden zu sichern und Konflikte und Krisen einzuschränken. Konflikte müssen dabei ohne militärische Interventionen gelöst werden.

Dabei muss sich die europäische Außenpolitik dem Einsatz für Demokratie und Menschenrechte verpflichten. Die Zusammenarbeit mit und Waffenlieferungen an Autokrat*innen lehnen wir ab.

Auch die Rückgabe von geraubten Kulturgegenständen aus anderen Teilen dieser Welt ist ein wichtiger Schritt, um eine gerechtere Welt zu schaffen. Diese Rückgabe muss sofort und zugunsten der Beraubten stattfinden.

Auch die Handelspolitik der Europäischen Union muss neu gedacht werden. Das Paradigma der Entwicklung, welches unter anderem durch die Entwicklungszusammenarbeit eine große Auswirkung auf den globalen Süden hat, muss ganz im Sinne des Post-Wachstums-Ansatzes, hinterfragt werden. Auch das Versprechen der neoliberalen Ökonom*innen durch die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPAs) bzw. Economic Partnership Agreements (EPAs) muss kritisch beäugt werden. Die Realität zeigt häufig, dass die Handelsabkommen Ungleichheit weiter produzieren. Wir wollen eine Außenpolitik die fair und gerecht ist und sich an demokratischen Werten orientiert. Die Auflösung postkolonialer Strukturen, die Förderung von Frieden ohne Gewalt, sowie die kritische Untersuchung der europäischen Handels- und Außenpolitik fordern wir!

Lasst uns gemeinsam als GRÜNE JUGEND Hessen für eine solche europäische Politik kämpfen! Sozial, gerecht, friedlich und ökologisch!

Beschlossen am 06.07.2019 auf der Landesmitgliederversammlung in Frankfurt am Main.



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