13. Oktober 2020

LMV Oktober 2020: Hessen zum sicheren Hafen erklären



Die Zahl der Menschen, die weltweit vor Krieg, Konflikten und Verfolgung
fliehen, war noch nie so hoch wie heute. Ende 2019 lag die Zahl der Menschen,
die weltweit auf der Flucht waren, bei 79,5 Millionen – mehr als ein Prozent der
Weltbevölkerung. Weltweit sind Camps für geflüchtete Menschen überfüllt und es
herrschen katastrophale Bedingungen. Tausende von Menschen verlieren ihr Leben
auf der Flucht, in der Hoffnung auf ein Leben ohne Krieg, Folter,
Diskriminierung, Verfolgung, Armut oder den grassierenden Folgen der
Klimakatastrophe.

Gleichzeitig sterben an den Grenzen zur Europäischen Union tausende
Schutzbedürftige. 2019 fanden über 1.319 Menschen den Tod bei der Flucht über
das Mittelmeer. Alleine in der ersten Hälfte des Jahres 2020 sind 340 Menschen
beim Versuch nach Europa zu kommen, gestorben. Statt eine einheitliche humane
und solidarische Europäische Lösung zu finden, wird Seenotrettung und
zivilgesellschaftlicher Aktivismus kriminalisiert. Die Politiker*innen der EU-
Staaten ignorieren die Lage an und um die Außengrenzen und schauen gezielt weg,
wenn die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Die Folgen dieses politischen
Stillstandes macht sich in den unzähligen Lagern, wie im Camp Moria auf Lesbos,
genauso wie auf der Balkanroute bemerkbar.

Für uns ist klar: Menschenwürde ist nicht verhandelbar. Genau deswegen
solidarisieren wir uns mit den Forderungen der Seebrücke und fordern: Hessen zum
sicheren Hafen erklären!

Mit den “Sicheren Häfen” hat die Seebrücke den selbstständigen Protest der
kommunalen Politik ins Rollen gebracht. Heute streiten Bürgermeister*innen,
Städträt*innen, Landtagsabgeordnete und zivile Initiativen für das Ziele, ihre
Kommune, Stadt oder Bundesland zum „Sicheren Hafen“ zu erklären und
Verantwortung zu übernehmen, wo die Bundesregierung und die EU versagen.

Die GRÜNE JUGEND Hessen spricht sich klar gegen die Kriminalisierung der
Seenotrettung auf dem Mittelmeer aus und fordert Hessen zum sicheren Hafen zu
erklären.

Dies beinhaltet unter anderem:

  • Die Unterstützung der Seenotrettung und eine klare öffentliche
    Positionierung gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung auf dem
    Mittelmeer.
  • Die Aufnahme zusätzlich zur Quote.
    • Alle politischen Entscheidungsträger*innen stellen die schnelle und
      unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten
      Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden sicher.
    • Die politischen Entscheidungsträger*innen erklären sich bereit, aus
      Seenot gerettete Menschen, beispielsweise von einem zivilen
      Seenotrettungsboot, ähnlich eines Relocation-Programms, direkt
      aufzunehmen und unterzubringen. Diese Aufnahme geschieht zusätzlich
      zur Verteilungsquote Asylsuchender.
  • Aufnahmeprogramme zu unterstützen:
    • Die Bundesregierung muss für die Einrichtung neuer bzw. die
      deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme von
      Flüchtenden sorgen und dazu selbst zusätzliche Aufnahmeplätze
      bieten.
    • Die hessische Landesregierung setzt das eigenständige humanitäre
      Landesaufnahmeprogramm für Flüchtende gem. § 23 Absatz 1 AufenthG
      konsequent um, damit flüchtenden Menschen die legale Einreise nach
      Deutschland und ein legaler Aufenthalt ermöglicht wird.
    • Streichung des Satzes 3 des § 23 Abs. 1 AufenthG, wodurch die
      Zustimmungserfordernis des Bundes für eine Flüchtlingsaufnahme
      entfällt
    • Einführung einer eigenständigen Norm zur kommunalen Aufnahme
      entsprechend dem § 23 Abs. 1 AufenthG zur eigenständigen Aufnahme
      durch die Länder.
  • Kommunales Ankommen zu gewährleisten und für ein langfristiges Ankommen
    garantieren, indem alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige
    Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung
    und Bildung, zur Verfügung gestellt werden. Ein besonderer Fokus soll
    dabei auf den Sprachkursen liegen, welche in ausreichender Anzahl und
    guter Qualität vorhanden sein müssen.
  • Eine Nationale und europäische Vernetzung und damit eine schnelle
    Lösungsfindung, um auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv
    für die Umsetzung der oben genannten Punkte einzustehen.
  • Ein Bündnis Sichere Häfen europaweit zu gründen, um somit alle Sicheren
    Häfen in Europa zur aktiven Gestaltung einer menschenrechtskonformen
    europäischen Migrationspolitik zu vernetzen
  • Ein transparenter Umgang und aktive Kommunikation über die unternommenen
    Schritte, mit denen Kommunen und Länder zu einem Sicheren Hafen werden

Wir als GRÜNE JUGEND stehen für die solidarische Seite Europas und setzen Hetze
Menschlichkeit entgegen. Wir wollen nicht zulassen, dass weiter Menschen im
Mittelmeer sterben. Es ist an der Zeit Gesicht und Haltung zu zeigen. Deswegen
unterstützt die GRÜNE JUGEND Hessen die Forderungen der Bewegung Seebrücke:
Hessen soll einen sicheren Hafen werden!

Beschlossen am 04.10.2020 auf der digitalen Landesmitgliederversammlung.



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