19. November 2015

LMV September 2014: Bessere Bildung in Hessen!



1. Bessere Bedingungen an Schulen
Schulen sind Erziehungs- und Ausbildungsanstalten unter staatlicher Aufsicht, als Teil dieses Staates möge sich die GRÜNE JUGEND HESSEN für eine grundlegende Reform des Bildungssystems einsetzten. Schulen müssen ein Ort sein, an dem das Lernen Spaß macht. Schüler*innen, die mit Motivation und Freude in die Schule gehen, lernen auch deutlich besser. Mit mehreren Maßnahmen, kann man den Schulalltag deutlich verbessern.
1.1  Den Schulbeginn flexibel handhaben
Erkenntnisse von Psycholog*innen und Schlafforscher*innen zeigen, dass viele Schüler*innen bei einem starren Schulbeginn um 8 Uhr morgens müde und somit nicht leistungsfähig sind. Dies trifft jedoch nicht auf alle Altersgruppen zu. Grundschüler*innen haben z.B. andere Schlafgewohnheiten als Pubertierende oder erwachsene Oberstufenschüler*innen. Andere Länder zeigen, wie positiv sich ein späterer Schulanfang auf den Lernerfolg jugendlicher Schüler*innen auswirkt, deren biologische Uhr sich in dieser Zeit umstellt. Die Schulen sollten vor Ort einen geeigneten Schulanfang gemeinsam mit den Schüler*innen festlegen. Gleichzeitig soll aber eine Betreuung junger Kinder, die auf Grund berufstätiger Eltern früh in die Schule müssen, gewährleistet werden.
1.2 Schrittweise an Noten heranführen
Schulnoten können einerseits Schüler*innen stark motivieren und belohnen, aber andererseits auch stark demotivieren und verzweifeln lassen. Es ist von daher sinnvoll, dass Schüler*innen langsam an Noten herangeführt werden. Wichtiger sind in den ersten Schuljahren Berichte über die persönliche Lernentwicklung, die den Schüler*innen helfen und sie motivieren, weiterhin mit Freude am Lernen zu bleiben. In höheren Schuljahren lassen sich Noten kaum noch vermeiden, Arbeitgeber*innen oder Universitäten verlangen diese für ihre Auswahlprozesse. Doch bis dahin soll es keine reine Zahlennoten geben, es muss immer eine Erklärung mitgegeben werden, die Schüler*innen aufzeigt, wo ihre Stärken liegen und wo sie noch an sich arbeiten können. Es muss verhindert werden, dass Schüler*innen demotiviert werden und in eine Abwärtsspirale aus mangelnder Motivation und sinkenden Lernleistungen geraten.
1.3  Schulen besser ausstatten
Damit Schulen ein Ort sind, an dem sich die Schüler*innen gerne aufhalten, müssen sie gut ausgestattet sein. Heruntergekommenes Mobiliar, veraltete Chemie- und Physiksammlungen, dreckige Schultoiletten und lieblos gestaltete Pausenhöfe tragen nicht zu einer positiven Grundstimmung an Schulen bei. Schulen sollen auch außerhalb des Unterrichts nutzbar sein und sollen der Schulgemeinde zugänglich gemacht werden, z.B. Konzerte oder von Schüler*innen betriebene Kiosks können die Schule beleben und Vandalismus vorbeugen. Hier muss für alle Schulen Geld zur Verfügung gestellt werden, damit solche Missstände behoben werden können. Ein weiterer wichtiger Bestandteil moderner Bildung ist der Umgang mit modernen Medien. Doch dazu mangelt es oft an den technischen Voraussetzungen und Kompetenz der Lehrer*innen. Ziel muss es sein, dass die Schulen deutlich besser mit modernen Computern oder Tablets ausgestattet werden, die auch im Unterricht genutzt werden. Auch ließe sich das Internet deutlich besser in den Unterricht einbinden, wenn in jedem Klassenraum ein drahtloser Internetzugang möglich wäre. Dies ist heute jedoch in den wenigsten Schulen der Fall. Dem Lehrer*innenpersonal sollten Angebote für Fortbildungskurse im Bereich Medienkompetenz zur Verfügung gestellt werden.

2. Für bessere Lehrer*innen!
Lehrer*innen tragen eine große Verantwortung. Sie vermitteln nicht nur Wissen, sondern nehmen großen Einfluss auf die persönliche Entwicklung ihrer Schüler*innen. Von daher ist es von großer Bedeutung, dass sie bereits in ihrer Ausbildung gut auf ihre kommenden Aufgaben vorbereitet werden. Verpflichtende Praktika helfen angehenden Lehrkräften, sich auf das kommende Berufsleben vorzubereiten. Im Studium muss der Schwerpunkt von der fachbezogenen, theoretischen Wissensvermittlung hin zu einer berufsorientierten, praktischen Ausbildung gelegt werden. Dabei ist es wichtig, nicht alles nach Schemata zu lernen. An einem Menschen mit fassbarem Charakter können sich junge Menschen viel besser bilden als an glattgebügelten Pädagog*innen. Quereinsteiger*innen aus dem Natur- oder Geisteswissenschaftsbereich sollen besser gefördert werden. Für berufstätige und angehende Lehrer*innen müssen mehr Weiterbildungen verpflichtend werden. Sie dürfen nicht nur von ihren Schüler*innen lebenslanges Lernen fordern, sondern müssen dies auch selbst vorleben. Die vorherrschende Praxis des Kultusministeriums, einige Lehrer*innen zu verbeamten und einige mit Kurzzeitverträgen hinzuhalten, soll beendet werden. Das Beamtentum soll für den Lehrberuf abgeschafft werden und dafür sollen Lehrer*innen schneller angestellt werden.

3. Echte Wahlfreiheit statt G8 oder G9
Wir setzen uns für eine echte Wahlfreiheit ein. Im Gegensatz zu den aktuellen Entwicklungen, bei denen die Schulen vor die Wahl entweder G8 oder G9 gestellt werden, sehen wir einen anderen Weg zum Abitur. Wir setzen uns für eine modularisierte Oberstufe nach Vorbild des LSV-(Landes-Schüler*innen-Vertretung)Modells ein, das auf eine sechs jährige Mittelstufe aufbaut. In diesem Modell können die Schüler*innen ihre Fächer themenbezogen in Modulen belegen. Für den Abschluss muss eine Mindestanzahl an Modulen zu bestimmen Fachgebieten innerhalb der Oberstufenzeit absolviert werden. Module sollen je nach Umfang und Niveau viertel-, halb- oder ganzjährig sein, so ließen sich Leistungskurse in das Modell integrieren oder übersetzen. Dadurch können die Schüler*innen nicht nur eigene Interessen stärker berücksichtigen, sondern auch selbst entscheiden, wie viele Module sie gleichzeitig belegen und somit auch über ihre eigene Schulzeit entscheiden. So können z.B. viele Module parallel belegt werden und somit alle Voraussetzungen für den Abschluss nach 2 Jahren erreicht werden, oder die Schüler*innen nehmen sich mehr Zeit und gehen erst nach 2,5 oder 3 Jahren ab. Dieses flexible Modell erlaubt die Berücksichtigung vieler Interessen: So lassen sich Praktika, Auslandsaufenthalte, Zeiträume für kreatives Arbeiten oder auch mehr Zeit für einzelne Fächer ganz nach eigenem Bedarf unterbringen. Auch für Lehrer*innen wird sich die Schule dadurch verändern. Lehrer*innen müssen nicht mehr alles unterrichten und können nach ihren Kompetenzen und Neigungen Module anbieten, davon profitieren alle. Das Abschlusszeugnis soll sich nicht auf einen Durchschnitt reduzieren lassen, sondern soll die gesamte Oberstufenzeit in Form einer Mappe mit allen absolvierten Modulen zeigen. Durchschnittsnoten nach Fachgebieten könnten in Betracht gezogen werden.
Wir verlangen, dass dazu ein Schulversuch genehmigt und in Zusammenarbeit mit der LSV durchgeführt wird. Die zentralen Punkte dieses Modells sind die echte Wahlfreiheit zwischen G8 und G9, eigenverantwortliches Lernen und eine Öffnung der Fächer. Es ist zu überlegen, inwiefern Pflichtfächer mit zunehmender Schulzeit reduziert werden können.
3.1 Ein inklusives Schulsystem schaffen – Dreigliedrigkeit aufheben
Ein dreigliedriges Schulsystem ist weder im Sinne der Inklusion noch zeitgemäß, da die Schüler*innen-Zahlen an Hauptschulen gravierend sinken. Schüler*innen sollten deshalb die  die ersten zehn Jahre der Schulzeit gemeinsam durchlaufen. Schulische Lernerfolge werden so nicht durch politisch produzierte Hürden eingeschränkt. Eine individuelle Förderung in heterogenen Klassen ermöglicht. Die Schüler*innen haben die Wahlfreiheit nach der zehnten Klasse autonom eine Entscheidung nach ihren Fähigkeiten über ihren weiteren Bildungsweg zu treffen.

4. Die Ausbildung – eine echte Alternative!
Immer mehr junge Menschen streben einen akademischen Bildungsabschluss an, was wir grundsätzlich begrüßen. Dennoch darf die berufliche Ausbildung nicht zu einer „Ausbildung zweiter Klasse“ verkommen. Die Mischung aus praktischem Unterricht im Betrieb und theoretischer Bildung an einer Berufsschule hat sich bewährt und ist unerlässlich für unsere Gesellschaft. Wir setzen uns dafür ein, dass die Ausbildung wieder als attraktive Alternative zu einem Hochschulstudium wahrgenommen wird.

5. Hochschulen und Schulen demokratischer gestalten!
Wir fordern, dass Studierende deutlich mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten an ihren Universitäten  bekommen. Die Studierendenparlamente zeigen, dass auch an Universitäten eine vielfältige Demokratie praktiziert werden kann. Doch leider fehlt es den Studierenden an den entscheidenden Stellen an Mitbestimmungsmöglichkeiten. So sind die Studierendem im Senat nur mit 3 Vertreter*innen vertreten, wohingegen die Professor*innen zu 9. vertreten sind. Wir fordern von daher eine Reform des Hessischen Hochschulgesetzes. Alle vertretenen Gruppen im Senat sollen die gleiche Stimmenanzahl haben. Gleichzeitig sollen aber nur die Professor*innen über die Schwerpunkte ihrer Forschungsarbeit entscheiden. So ist sichergestellt, dass sie ihr Recht auf Forschungsfreiheit uneingeschränkt ausüben können, gleichzeitig können aber die Studierenden zentralen Einfluss auf alle anderen Entscheidungen wie etwa Prüfungsordnungen oder Schwerpunkte der Lehre nehmen.
An Schulen soll die Unabhängigkeit der SVen gestärkt werden. So sollen aktiven Schüler*innen SV-Stunden als Schulstunden angerechnet werden, bzw. sie sollen von Hausaufgaben o.Ä. befreit werden. SVen in der Oberstufe sollen bei dem Ausarbeiten der Modulangebote durch Stimmrecht beteiligt werden. Auch soll es Schüler*innen möglich sein, kleinere Module oder AGs anzubieten.

6. Studienplätze und Wohnungsbau
Wir begrüßen, dass die Landesregierung die Finanzierung der Hochschulen auf eine verlässliche Basis stellt. Damit ist den Hochschulen Planungssicherheit gegeben, die sie dringend brauchen. Zudem begrüßen wir, dass das  Land die ehemaligen Bafög-Mittel an die Hochschulen weitergibt. Die neue Finanzierung muss aber sicherstellen, dass es auch weiterhin genügend  Studienplätze vorhanden sind. Wir setzen uns gegen weitere Zulassungsbeschränkungen für Studiengänge ein. Hier muss die Landesregierung ihre Mittelzuweisung an die Universitäten genau im Blick behalten und Fehlentwicklungen entgegenwirken.
Die immer größere Anzahl der Studierenden stellt nicht nur die Universitäten vor neue Herausforderungen, auch die Städte stehen vor Problemen. Bezahlbarer Wohnraum wird gerade in großen Städten immer knapper, was wir für äußerst sozial ungerecht halten. Die Landesregierung ist hier in Zusammenarbeit mit den Studentenwerken in der Pflicht, mehr ökologischen und bezahlbaren Wohnraum für Studierende zu schaffen.



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