1. Juli 2023

Landesbeirat Juli 2023: N*Wort Ächtung in das Wahlprogramm 2023 – Für ein antirassistisches Hessen.



Schwarze Menschen, Indigene und People of Color erfahren in Hessen Diskriminierung, Gewalt und Ungleichheit. Als GRÜNE JUGEND Hessen setzen wir uns aktiv gegen jede Form von Rassismus ein. Deshalb fordern wir in Hessen:

  1. die Umsetzung der Ziele der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft (2015 – 2024),
  2. die Unterstützung von Initiativen, die die Ziele der UN-Dekade in Hessen verfolgen, und
  3. die Bekämpfung jeglicher Verwendung des N*Wortes,

um einen Schritt zu gehen Schwarzen Menschen, Indigenen und People of Color ein friedvolles und 
rassismusfreies Leben in Hessen zu ermöglichen.

Weitergehend fordern wir, dass  diese Punkte in das in das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen Hessen für die hessische Landtagswahl 2023 aufgenommen werden. Dazu wird der Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Hessen einen Änderungsantrag an das Landtagswahlprogramm stellen, der diese Punkte umfasst.

Mit der Verpflichtung zur aktiven Ächtung des N*Wortes [1] können nicht nur auf 
Landesebene, sondern auch auf kommunaler Ebene, Initiativen zur Ächtung des N*Wortes unterstützt, selbst eingebracht und umgesetzt werden [3].

Begründung

[TW: rassistische Sprache. Das N*Wort ist in Endnote 1 vollständig ausgeschrieben.]

Ziele der UN-Dekade sind: 

  • Die Förderung der Achtung, des Schutzes und der Einhaltung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten,
  • Die Förderung einer besseren Kenntnis und Achtung des vielfältigen Erbes, der Kultur und des Beitrags von Menschen afrikanischer Herkunft zur Entwicklung von Gesellschaften
  • Der Schutz vor Rassismus und Diskriminierung

Bis 2024 sollen alle Mitgliedstaaten sich diesen Zielen verschreiben.

Das N*Wort wird von vielen Schwarzen Menschen und People of Color mit Leid, Diskriminierung, Gewalt, Ungleichheit und Entmenschlichung verbunden. Mit dem N*Wort sind eine Vielzahl von rassistischen Stereotypen verbunden. Diese Stereotypen umfassen Sexualrepressionen wie Triebhaftigkeit und Naturhaftigkeit, Kulturlosigkeit, Viktimisierung, Infantilisierung sowie Entfremdung (Othering) und führen zu Ohnmachtserfahrungen sowie psychischen Folgen.

Als europäisches Konstrukt der Kolonialzeit wurde es verwendet, um eine rassistische Unterscheidung herzustellen, Machtverhältnisse zu untermauern und unterdrückende Strukturen zu festigen. Diese Erfahrungen sind auch weiterhin im Bewusstsein verankert. Auch wenn in der jüngeren Zeit vermehrt das N*Wort in satirischen oder komödiantischen Kontexten auftaucht, darf dies nicht über die Verletzungen hinwegtäuschen, die mit der Nutzung einhergehen.

Durch Verwaltungsvorschriften, welche die Ächtung des N*Wortes zum Gegenstand haben, kann eine Rechtspraxis geschaffen werden, innerhalbderdie rassistische Diskriminierung durch Bedienstete der Kommunen, Städte und des Landes Hessen vor Gericht Folgen haben kann. Durch die Ächtung würde das N*Wort eindeutig als rassistische Beleidigung anerkannt werden. Somit könnte eine tatsächliche Möglichkeit zur dienstlichen und gerichtlichen Kontrolle geschaffen werden. Dass diese Absicherung nötig ist, beweist unter anderem ein Urteil des Landesverfassungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern. [4]

Da die Ächtung des N*Wortes der hessischen Kommunen in Kassel, Lohfelden und Frankfurt nur innerhalb ihrer kommunalen Verwaltung Anwendung findet, sind Bedienstete des Landes, wie z. B. Polizei- und Lehrkräfte, nicht davon betroffen. Aus diesem Grund ist eine entsprechende landesrechtliche Regelung erforderlich.

Eine Ächtung würde Sensibilität dafür schaffen, dass rassistische Sprache dehumanisierende verbale Gewalt ist. Dadurch werden persönliche Befindlichkeitsvorwürfe abgewiesen, mit denen sich negativ von Rassismus Betroffene häufig konfrontiert sehen, wenn diese über rassistische Situationen bzw. Erfahrungen sprechen.

Mit der Ächtung des N*Wortes wird u.a. der Pflicht nachgegangen, einen diskriminierungsfreien Raum für Schwarze Lehrkräfte und Lehrkräfte of Color sowie Schwarze Schüler*innen und Schüler*innen of Color zu gewährleisten. Dadurch könnten Wiederholungen von Fällen wie Ulm [5] oder Offenbach [6]eingedämmt werden.

Als erste Kommune in Deutschland hat der Rat der Stadt Köln die Verwendung des N*Wortes als rassistisch anerkannt. Dieser Entscheidung folgten 17 weitere Kommunen in Deutschland. [7] Wir hoffen, dass BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN Hessen die zivilgesellschaftliche und hauptsächliche ehrenamtliche Arbeit, wie die in den Städten Kassel, Lohfelden und Frankfurt, anerkennt und die Verantwortung übernimmt, sich für die Achtung der Menschenwürde in Hessen einzusetzen.

Endnoten:

[1] Losgetreten durch die Initiative N-Wort stoppen https://nwortstoppen.de/. Mit N*Wort wird der rassistische Begriff ‚Neger‘ umschrieben.

[2] BMFSFJ, UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft, zuletzt aufgerufen am 26.06.2023 über: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/behoerden-beauftragte-beiraete-gremien/un-dekade

[3] Antirassistische Arbeit leisten bspw. die Initiativen N-Wort stoppen, Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) oder Side-By-Side – Afrodeutsche und Schwarze Menschen Nordhessen.

[4] LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.12.2019 – LVerfG 1/19.

[5] ZDF-Interview mit der Schwarzen Lehrerin Jasmin Blunt, die eine Petition gegen die Pflichtlektüre für das Abitur der Berufsschulen in Baden-Württemberg Tauben im Gras startete, zuletzt aufgerufen am 26.06.2023 über: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/tauben-im-gras-streit-abi-lektuere-rassismus-100.html

[6] Schülerin, die sich gegen das Vorlesen des N*Wortes konsequent wehrte, zuletzt aufgerufen am 26.06.2023 über: https://www.fr.de/politik/rassismusstreit-an-schule-in-offenbach-eine-chance-zum-dazulernen-91446637.html

[7] Die Kommunen sind Bielefeld, Bocholt, Bonn, Dortmund, Düren, Düsseldorf, Frankfurt, Gladbach, Heidelberg, Jena, Kassel, Koblenz, Köln, Lohfelden, München, Wilhelmshaven, Witten, Wuppertal.



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