13. April 2021

LMV April 2021: Menschenrechte sind nicht verhandelbar – Nachbesserung des deutschen Lieferkettengesetzes!



Ein Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, dass Menschenrechte und Umweltstandards von Unternehmen auf ihrer gesamten Lieferkette eingehalten werden müssen. Seit Jahren wurde viel darüber gestritten, im Februar haben die Minister Altmaier, Müller und Heil schließlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser ist jedoch völlig unzureichend. Der Entwurf zum Lieferkettengesetz muss überarbeitet werden!

So bezieht sich in dem Entwurf zum Lieferkettengesetz die Sorgfaltspflicht in vollem Umfang nur auf direkte Vertragspartner der Unternehmen, etwa die direkten Zulieferer. In der restlichen Lieferkette müssten Unternehmen Ermittlungen nur „anlassbezogen“ anstellen und nur dann agieren, wenn sie „substantiierte Kenntnis“ über Menschenrechtsverletzungen erlangen. Diese Regelung könnte dazu führen, dass Unternehmen ihre Lieferketten noch weniger kontrollieren als zuvor. Schließlich sind sie befreit von jeglicher Verantwortung, solange sie von möglichen Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferketten nichts wissen. Das vorgeschlagene Lieferkettengesetz wäre außerdem nur für große Unternehmen gültig, der gesamte Mittelstand, also Unternehmen mit weniger als 1000 Beschäftigten, würden nicht erfasst. Weiterhin fällt die zivilrechtliche Haftung komplett weg, somit können Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen nicht vor deutschen Gerichten auf Schadensersatz klagen. Die Betrachtung von Umweltstandards kommt im Lieferkettengesetz deutlich zu kurz, so findet etwa eine Berücksichtigung des Klimas als Schutzgut nicht statt.

Der vorgelegte Gesetzesentwurf kann also nicht dafür sorgen, dass Unternehmen entlang ihrer Lieferketten Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Dies ist jedoch auch in Hinblick auf die Verabschiedung des Legislativberichts für ein europäisches Lieferkettengesetz durch die EU von großer Bedeutung. Der Legislativbericht geht weit über die Beschlüsse im deutschen Gesetzesentwurf hinaus. Wir brauchen aber trotz dessen eine Nachbesserung des deutschen Gesetzesentwurfs, denn der Weg zu einem EU-Lieferkettengesetz ist noch lang und es müssen noch viele Hürden genommen werden. Bis es in Kraft treten könnte, werden wahrscheinlich noch mehrere Jahre vergehen. Gerade deshalb ist es notwendig, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft der EU ein starkes Lieferkettengesetz auf den Weg bringt. Ein Nachziehen der EU, mit einem ähnlich weitreichenden Gesetz, würde damit wahrscheinlicher.

Die GRÜNE JUGEND Hessen fordert deshalb eine Nachbesserung des Entwurfs zum Lieferkettengesetz. Ein Lieferkettengesetz muss nicht nur kurativ wirken, sondern auch präventiv ausgerichtet sein. Dabei sind folgende Punkte zentral:

– Verpflichtung der Unternehmen, die gesamte Lieferkette ihrer Produkte zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen, die die Rechte von Mensch und Natur in der gesamten Wertschöpfungskette gewährleisten.

– Berücksichtigung des Schutzes der Umwelt und des Klimas: Der Zusammenhang von Menschenrechtsverletzung und Umweltzerstörung muss anerkannt werden, weil der Ursache-Folge Mechanismus in dieser Konstellation unmittelbar gegeben ist. Umweltzerstörung geht einher mit Menschenrechtsverletzung, da durch die Schädigung der Natur ebenfalls natürliche Lebensgrundlagen von Menschen zerstört werden. Daher muss der Schutz der Umwelt und des Klimas ein zentraler Bestandteil des Lieferkettengesetzes sein.

– Zivilrechtliche Haftung: Zur Gewährleistung der Umsetzung des Lieferkettengesetzes bedarf es einer rechtlichen Verpflichtung und einem möglichen zivilrechtlichen Haftungsanspruch für Betroffene bei Missachtung oder Verletzung der Sorgfaltspflicht durch Unternehmen. Auf der Grundlage der zivilrechtlichen Haftung können Unternehmen im Schadensfall zur Verantwortung gezogen werde. Zugleich ermöglicht ein verbindlicher Rahmen gleiche Wettbewerbsbedingungen am Markt und schafft Rechtssicherheit.

– Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs des Lieferkettengesetzes: Unternehmen ab einer Größe von 250 Mitarbeiter*innen müssen verbindlich in die Regelungen miteinbezogen werden.

Die Einhaltung der Menschenrechte und der Schutz von Umwelt und Klima darf keinen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden! Ein starkes Lieferkettengesetz ist dafür unabdingbar.

 

Beschlossen am 10.04.2021 auf der digitalen Landesmitgliederversammlung.



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