6. April 2024

LMV April 2024: Asylrechtsverschärfung verhindern – Bezahlkarte ablehnen



Wir lehnen die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen (und anderen Empfänger*innen von Sozialleistungen), die sich in ihrer Funktionalität maßgeblich von einer Girocard unterscheidet, ab.

Wir lehnen insbesondere die folgenden öffentlich diskutierten Einschränkungen ab:

  • Einschränkung der Persönlichkeitsrechte durch Nutzung für andere Zwecke der Daten als die Abwicklung des Zahlungsverkehrs
  • Begrenzungen und Gebühren bei Bargeldabhebungen
  • Einschränkung von Warengruppen
  • Geographische Einschränkungen der Nutzung
  • Einschränkung von Online-Zahlungen und Überweisungen
  • klare optische Unterscheidbarkeit von anderen Bezahlkarten

Wir befürworten stattdessen Maßnahmen, die tatsächlich die Situation von Kommunen und den Geflüchteten selbst verbessern. Zu diesen zählen unter anderem eine gute und möglichst einfache Eingliederung in angemessen bezahlte Beschäftigung, die Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen sowie die Bereitstellung von genügend Kapazitäten für Sprachkurse.

Begründung

Die Einführung einer Bezahlkarte, die die Auszahlung von Barleistungen an Asylbewerber*innen ersetzen soll, wird derzeit von 14 Bundesländern angestrebt. Unter ihnen ist auch Hessen.

Die Idee der Bezahlkarte basiert auf einem grundsätzlichen Misstrauen und Vorurteilen gegenüber Asylbewerber*innen. Der Vorwurf der systematischen Zweckentfremdung der Barleistungen (bspw. durch Überweisungen in Heimatländer) lässt sich jedoch wissenschaftlich nicht erhärten [1]. Auch einen fahrlässigen Umgang mit den zur Verfügung gestellten Mitteln lässt sich nicht beobachten. Grundsätzlich gilt für Asylbewerber*innen das Gleiche wie für alle Menschen in Armut: nirgendwo ist ein effizienterer Umgang mit Geld zu beobachten.

Als weitere Begründung für die Einführung werden immer wieder die sogenannten Pull-Faktoren angeführt. Menschen fliehen vor Krisen, Krieg oder Verfolgung, allen voran aus Syrien, Afghanistan oder der Türkei. Es gibt keine sachlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Flucht dadurch beeinflusst wird, ob es im Aufnahmeland Geld, Gutscheine oder Bezahlkarten zum Überleben gibt. Und es existieren auch keine Belege dafür, dass eine Sachleistungsversorgung und ein Absenken der Sozialleistungen zu weniger Geflüchteten führt [2].

Wir erkennen das Argument der Vereinfachung von Auszahlungen der Leistungen für die Kommunen an. Auch kann eine Bezahlkarte im Sinne einer Girocard auch für Geflüchtete selbst eine Vereinfachung darstellen. Dies setzt allerdings voraus, dass es eine uneingeschränkte Nutzbarkeit gewährleistet ist und die Karte auch optisch nicht von einer Girocard zu unterscheiden ist. Im medialen Diskurs, auf Bundesebene sowie in Hessen sind wir von dieser Ausführung jedoch weit entfernt. Stattdessen werden allerlei Wege diskutiert, Asylbewerber*innen zu gängeln. Unter anderem werden geographische Beschränkungen, Begrenzung von Bargeldabhebung und Beschränkungen auf bestimmte Produktkategorien und Branchen diskutiert. Für diese Ansätze gibt es keine andere Erklärung als rassistische Vorurteile und ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Menschen in prekären Verhältnissen. Sie sprechen diesen Menschen ihre Mündigkeit ab. In diesem Kontext erscheint uns nur eine Ablehnung der Vorstöße als sinnvoll, sollte nicht auf sämtliche Einschränkungen verzichtet werden.

[1] https://www.n-tv.de/politik/Migrationsexperte-zweifelt-an-Wirkung-von-Bezahlkarte-article24703016.html

[2] https://www.bundestag.de/resource/blob/799860/b555457732e3ec012177cdf4357110a0/WD-1-027-20-pdf-data.pdf?enodia=eyJleHAiOjE3MTAwMDg1NjcsImNvbnRlbnQiOnRydWUsImF1ZCI6ImF1dGgiLCJIb3N0Ijoid3d3LmJ1bmRlc3RhZy5kZSIsIlNvdXJjZUlQIjoiODguNzIuMTE1LjQyIiwiQ29uZmlnSUQiOiI4ZGFkY2UxMjVmZDJjMzkzMmI5NDNiNTJlOWQyY2Q2NTA1NzU0ZTE2MjIxMmEyY2UxYmI1YWYxNWMwZDRiYmZlIn0=.X37dG52SKoyWAt6Bax_uHLZnIFm1lflP3gqx6mnKsJc



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