13. März 2020

LMV März 2020: Anti-Rassismus in die Bildung bringen



Tagtäglich findet in hessischen Schulen strukturell-rassistische Diskriminierung statt. Schüler*innen mit vermeintlich ”ausländischem” Namen und sonst gleicher Leistung bekommen im Durchschnitt schlechtere Noten in Diktaten, als Schüler*innen mit vermeintlich „deutschem“ Namen (1). Lehrer*innen trauen Kindern mit Migrationshintergrund auf Grund gehaltener negativer Stereotype im Durchschnitt weniger Leistung zu. Dies kann dazu führen, dass betroffene Kinder diese negativen Stereotype aufnehmen, verinnerlichen und ihre Leistung darunter leidet (2). Und auch anti-muslimisch rassistische Einstellungen sind bei Lehrer*innen verbreitet. 25% der Lehrer*innen in Ausbildung teilen z.B. die Aussage, dass muslimische Schüler*innen aggressiver seien (Gesamtbevölkerung 27%) (3).

Lehrer*innen sind deswegen oft Teil des Problems oder wissen nicht, wie sie mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bei Schüler*innen und im Kollegium umgehen sollen. Als Repräsentant*innen des Staates haben Lehrer*innen die Verantwortung, die freiheitlich demokratische Wertebasis unserer Gesellschaft im Klassenzimmer vorzuleben. Wie sensibel Lehrer*innen für bestimmte Problematiken sind, hängt dabei stark von ihrer Sozialisation und ihrer Ausbildung ab. Um diese Benachteiligungen durch negative Stereotype und Erwartungen zu vermeiden, ist es zentral, dass Lehrer*innen ein Bewusstsein für ihre eigene gesellschaftliche Sozialisierung entwickeln, ihre eigenen verinnerlichten Stereotype reflektieren und dies auch bei Schüler*innen anstoßen. Lehrer*innen sollen fähig dazu sein, Situationen alltäglicher Diskriminierung und rassistischer Anfeindungen mindestens zu erkennen, wenn nicht sogar kontextsensibel mit Schüler*innen aufarbeiten zu können. Bis jetzt sind all diese Inhalte aber nicht selbstverständlicher Teil des Lehramtsstudiums und damit einzelnen motivierten Lehrer*innen überlassen.

Zudem ist es nicht nur die Aufgabe einzelner Lehrkräfte, Benachteiligung im Klassenzimmer abzubauen. Zu einem wertschätzenden und konstruktiven Umgang mit Vielfalt, der allen Schüler*innen gute Entwicklungschancen ermöglicht, müssen alle Akteur*innen im Bildungssystem beitragen.

Genau da muss unsere Landesregierung ansetzten und daher fordern wir:
• präventive anti-rassistische Maßnahmen und Maßnahmen gegen Antisemitismus im Bildungskontext, wie z.B. die Integrierung von Diversity-Basismodulen in Lehramts- und Pädagogik-Studiengängen an jeder hessischen Hochschule und Universität.
• die Institutionalisierung von Anti-Rassismusarbeit und Arbeit gegen Antisemitismus an allen hessischen Schulen, z.B. in Form eines/einer Beauftragte*n für Antidiskriminierung und Diversity an jeder hessischen Schule. Diese sollen bei Diskriminierungserfahrungen unterstützen, Wissen an andere Pädagog*innen in der Schule weitergeben und diversitysensible Bildung an der jeweiligen Schule vorantreiben. Diese Beauftragten sollen, koordiniert durch die Anti-Diskriminierungsstelle des Landes Hessen, regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teilnehmen und in engem Austausch miteinander stehen.
• Anti-Rassismus-Schulungen und Schulungen zu Anti-Semitismus für bestehendes Lehrpersonal und Schulsozialarbeiter*innen an allen hessischen Schulen, sowie grundsätzliche Fortbildungen und Lehrgänge für Lehrkräfte, Sozialarbeiter*innen und Erzieher*innen in Anti-Diskrimierungspädagogik.

Darüber hinaus soll der kommende Vorstand der GRÜNEN JUGEND Hessen das Thema Anti-Rassismus und Antisemitismus in Bildungskontexten auf die eigene Agenda setzen.

Beschlossen am 08.03.2020 auf der Landesmitgliederversammlung in Darmstadt.



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