19. November 2015

LMV November 2013: Für ein modernes Verhältnis von Staat und Kirche



Nicht erst seit den jüngsten Vorfällen im Limburger Bistum gibt es in der Gesellschaft Diskussionen über die Trennung von Kirche und Staat, den Säkularismus. Unsere Gesellschaft ist im Laufe der Zeit bunter und vielfältiger geworden, als sie es vor vielen Jahren war, als den Kirchen Sonderrechte eingeräumt wurden. Diese müssen daher auf ihre zeitgemäße Ausrichtung geprüft und im Zweifelsfall angepasst werden.

Diskussionspunkte sind dabei vor allem das Arbeitsrecht, das Feiertagsgesetz, sowie die Kirchensteuer und Geldzuweisungen an die Kirchen.
Die Grüne Jugend beschließt zu diesen Punkten folgendes:
1. Arbeitsrecht
Die Grüne Jugend Hessen erkennt an, dass die christlichen Kirchen in Deutschland der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands sind.
Trotzdem gelten für alle die gleichen Rechte und Pflichten. Die Grüne Jugend Hessen fordert, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz konsequent auch für Beschäftigte in kirchlichen Bereichen gilt und die Ausnahmeregelung für Religionsgemeinschaften vollständig abgeschafft werden (§ 9 AGG). Eine Kündigung von Beschäftigen oder die Ablehnung eine*s Bewerber*in aufgrund von Merkmalen wie der sexuellen Orientierung, einer Scheidung oder Religionszugehörigkeit sind damit nicht mehr möglich.
Um dies zu erreichen begrüßt die Grüne Jugend Hessen Initiativen, die das AGG durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen wollen.
Ausgenommen davon sind Tätigkeiten, bei denen eine Zugehörigkeit oder ein Bekenntnis zu der jeweiligen Gemeinschaft unabkömmlich sind, wie beispielsweise im Verkündungsbereich und in der Religionspädagogik. Hier sollen die Kirchen weiterhin Sonderrechte genießen und von der Anwendung des AGG in Bezug auf religiöse Bekenntnisse ausgenommen bleiben.
Die Grüne Jugend Hessen setzt sich weiterhin dafür ein, dass ein Streikrecht in Zukunft auch für die Beschäftigten der Kirchen uneingeschränkt gilt. Ebenso sollten die Kirchen sich einem Tarifvertrag verpflichten, der flächendeckend einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro garantiert.

2. Feiertagsgesetz
Die Grüne Jugend Hessen fordert eine Überprüfung der Feiertagsgesetze. Dies soll im Dialog mit den Kirchen, anderen Glaubensgemeinschaften und weiteren, relevanten Gruppen geschehen.
Die Grüne Jugend Hessen vertritt dabei folgende Position:
Die derzeit festgelegten staatlichen Feiertage bleiben weiterhin bestehen.
Der Sonntag bleibt als arbeitsfreier Tag weiterhin bestehen.
Die gesetzlichen, christlichen Feiertage werden in Abstimmung mit den Kirchen reduziert. Im Gegenzug werden die religiösen, gesetzlichen Feiertage um zentrale Feiertage anderer Religionen ergänzt. Dabei werden die Religionsgemeinschaften beachtet, deren Mitglieder eine signifikante Anzahl in Deutschland erreicht haben.
Aktuell sind drei Tage als stille Feiertage festgelegt: der Karfreitag, der Volkstrauertag und der Totensonntag. In Hessen gilt an diesen stillen Feiertagen derzeit unter anderem ein Tanzverbot, das auch das Tanzen in Clubs umfasst.
Die Grüne Jugend Hessen betrachtet diese Regelung als nicht mehr zeitgemäß für einen säkularen Staat und setzt sich daher für eine vollständige Abschaffung von Sonderregelungen für gesetzliche Feiertage ein.
Diese Regelungen zählen unabhängig davon, ob ein Feiertag gesetzlich arbeitsfrei ist oder nicht.

3. Kirchensteuer
Derzeit zieht der Staat gegen eine Aufwandsentschädigung die Kirchensteuer für öffentlichrechtliche Körperschaften, wie es die Kirchen sind, ein. Derzeit wird dieses Verfahren nur von der römisch-katholischen sowie der evangelischen Kirche genutzt.
Die Grüne Jugend Hessen fordert, das Kirchensteuersystem aufzugeben, um eine Privilegierung von einzelnen Religionsgemeinschaften abzuschaffen. Eine Anerkennung von weiteren Religionsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist dazu eine schlechte Alternative, da es religiöse Gemeinschaften gibt, die aufgrund ihrer Überzeugungen keine Körperschaft des öffentlichen Rechts werden wollen.
Der Einzug von Beiträgen erfolgt daher in Zukunft eigenständig über die Kirchen.
Die Grüne Jugend Hessen betrachtet es als verdeckte Subventionierung von Religionsgemeinschaften, wenn die Mitgliedsbeiträge an die Kirche von der Einkommenssteuer abzugsfähig sind. Dies soll in Zukunft nicht mehr möglich sein.

4. Geldzuweisungen
Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche betreiben Kindertagesstätten, Alters- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Denkmalpflege, Beratungsstellen und vieles mehr. Diese werden aktuell vom Staat mit oft mehr als 90% bezuschusst, die Entscheidungsgewalt innerhalb der Einrichtungen liegt jedoch bei den Kirchen. Ebenso trägt der Staat die Kosten für die Bezahlung der kirchlichen Würdenträger. Die Grüne Jugend Hessen spricht sich für eine Reformierung der Geldzuweisungen an die Religionsgemeinschaften aus.
Öffentliche Geldzuweisungen an die Kirchen für den Betrieb von sozialen Einrichtungen, zum Zweck der Denkmalpflege etc. werden weiterhin gewährt. Die Entscheidungsgewalt verbleibt bei den Kirchen, wenn der öffentliche Beitrag bei weniger als 50 Prozent der Gesamtkosten liegt. Bezahlt der Staat mehr als 50 Prozent des laufenden Betriebes, so obliegt ihm die Entscheidungsgewalt
Kirchliche Würdenträger werden nicht mehr mit öffentlichen Geldern finanziert, sondern von den Kirchen selbst getragen.



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