LMV November 2025: Gerechtigkeit statt Kettensäge – Für ein wirksames Lieferkettengesetz!
Zehn Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch am 24. April 2013, bei dem über 1100 Menschen starben und 2000 Näher*innen teils schwer verletzt wurden, einigte sich das Europaparlament gemeinsam mit den EU Staaten im Dezember 2023 auf ein europäisches Lieferkettengesetz. Dieses sah vor, dass Unternehmen mit Sitz in der EU, welche mehr als 500 Beschäftigte und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz haben, für ihre Geschäftsketten verantwortlich gemacht werden sollten. Große Unternehmen sollten ebenfalls einen Plan zur Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens vorlegen, für Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, welche dennoch in ihr tätig sind, sollten die Maßnahmen ab einem Jahresumsatz von 300 Millionen Euro gelten. Unternehmen, welche gegen die EU Standards verstießen, sollten zivilrechtlich belangt werden können.
Dieser Beschluss wurde von Gewerkschaften als großer Fortschritt zur Besserung der Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen weltweit und als aus den Tragödien der letzten Jahre gezogene Lehre gepriesen. Nachdem das Lieferkettengesetz bereits im April 2024 durch eine Anhebung der Mindestbeschäftigtenzahl auf 1000 Beschäftigte und des erforderlichen Jahresumsatzes auf mindestens 450 Millionen Euro gelockert wurde, droht es nun endgültig zum zahnlosen Papiertiger zu werden:
Am 13. Oktober 2025 stimmte der Rechtsausschuss des Europaparlaments für eine weitere Abschwächung des EU Lieferkettengesetzes, welche vorsieht, dass das Lieferkettengesetz nur noch für Großunternehmen mit mindestens 5000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro gelten würde. Demnach wären in Deutschland nur noch 120 statt 2700 Unternehmen in der Pflicht, die Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette zu achten, Verstöße würden unterdessen nicht mehr zivilrechtlich geahndet werden.
Auch wenn der Entwurf im Europaparlament vorerst gescheitert ist: Das darf nicht so weitergehen! Die GRÜNE JUGEND Hessen macht sich für die globale Achtung der Menschenrechte und der Umweltschutzstandards stark und fordert, dass das europäische Lieferkettengesetz wieder als wirksamer Mechanismus zum Schutz der Rechte für Arbeiter*innen, welche in der EU tätige Unternehmen beliefern, gedacht werden muss.
Dass das funktionieren kann, beweist das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz:
Seitdem es am 1. Januar 2023 in Kraft trat müssen in Deutschland tätige Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten und seit Januar 2024 Unternehmen, welche ihren Hauptsitz oder eine Zweigniederlassung in Deutschland und mindestens 1000 Beschäftigte haben, auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte basierende Richtlinien zur Achtung der Menschenrechte und festgelegter Umweltstandards nachkommen. Eine behördliche Durchsetzung sorgt unterdessen dafür, dass eine Behörde Unternehmen auf die Einhaltung dieser Standards prüfen und im Falle eines Verstoßes sanktionieren kann. So kann das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle Unternehmen mit an der Schwere des Vergehens und dem Umsatz des Unternehmens orientierten Bußgeldern belegen und ab einer Bußgeldhöhe von mindestens 175000€ von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen. Dieses auch von den Betriebsräten der Dax40-Unternehmen und der DGB als äußerst effektiv bescheinigte Werkzeug soll nun nach Willen der Bundesregierung, genau wie das EU Lieferkettengesetz, vollständig abgeschafft werden.
Wir als GRÜNE JUGEND Hessen stellen uns entschlossen dagegen und fordern, dass das EU Lieferkettengesetz nicht fallen gelassen werden wird, zugunsten der Umwelt und Beschäftigten weltweit weiter gedacht werden muss und als wichtiges Werkzeug zur Schöpfung einer gerechteren Wirtschaft genutzt werden soll. Dafür müssen vor allem die Mindestbeschäftigtenzahlen und -Jahresumsätze gesenkt und wirksame Sanktionsmechanismen wieder eingeführt werden. Des Weiteren fordern wir die Ergänzung der Frauenrechtskonvention CEDAW und der Konvention 190 der Internationalen Arbeiterorganisation über Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt zur Liste der dem Lieferkettengesetz zugrunde liegenden Konventionen, um eine Gleichstellungsperspektive zur Risikoanalyse hinzuzufügen.
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