30. Oktober 2022

LMV Oktober 2022: Fecher Bleibt – Riederwaldtunnel stoppen!



Die GRÜNE JUGEND Hessen kritisiert das weitere Festhalten am Bau des „Riederwaldtunnels“ zum Lückenschluss zwischen der A661 und der A66 (Projektnummer A66-IP20-HE-IP) und fordert das Streichen des Projektes aus dem Bundesverkehrswegeplan. Ebenso solidarisiert sie sich mit den Waldbesetzer*innen im Fechenheimer Wald und schließt sich den Forderungen des Bündnis Verkehrswende Frankfurt, der Bürgervereinigung Nordend e.V. und der Bürgervereinigung Seckbach e.V. zur Erhaltung des Fechenheimer Waldes und einer umwelt- und menschenfreundlichen Mobilitätswende an.

Der Autobahnausbau an dieser Stelle ist ein über 50 Jahre altes, anachronistisches Projekt, welches sich in jeglicher Hinsicht als eine Fehlinvestition des Bundes herausstellt. Wir erleben die Zuspitzung der Klimakrise mit jedem Jahr stärker und selbst das Bundesverfassungsgericht sieht die Anstrengungen für den Klimaschutz als ungenügend an. In dieser Zeit noch an Plänen zum Ausbau von Autobahnen festzuhalten, ist nicht vertretbar. Sofern sich die Bundesregierung an die vertraglich festgelegten Klimaziele von Paris halten möchte, ist ein Umdenken im Bereich der Mobilität unabdingbar. So wird es – sollte es die Bundesregierung ernst meinen und erfolgreich sein – in den 2030er Jahren weniger Individualverkehr geben, der ÖPNV angemessen ausgebaut und somit den Pendler*innen in und um Frankfurt andere, schnellere, kostengünstigere und klimafreundlichere Alternativen zum PKW angeboten werden.

Es zeigt sich somit, dass der Lückenschluss zwischen der Autobahn A661 und A66 mit einer prognostizierten Fertigstellung im Jahr 2031 vollkommen überflüssig ist und dabei lediglich ein intakter Wald zerstört sowie in die Artenvielfalt eingegriffen wird. Das oft zitierte Argument, die Anwohner*innen der Straße „Am Erlenbruch“ würden durch den Riederwaldtunnel entlastet, ist hierbei irreführend, da neue Straßeninfrastruktur und insbesondere der Ausbau von Autobahnen immer zu einem erheblichen Mehrverkehr führt. Zumal während der Bauzeit erheblicher Lärm die Folge sein wird. Laut den Kfz-Prognosen im Rahmen der Planfeststellung, wird ohnehin von einer Steigerung der Verkehrszahlen ausgegangen, die auch die Frankfurter Innenstadt (v.a. die Friedberger Landstraße) betreffen werden.

Hinzu kommt, dass das Genehmigungsverfahren für den dringend benötigten Lärmschutz noch nicht abgeschlossen ist. Gemäß des Planfeststellungsbeschlusses kann eine endgültige Inbetriebnahme des Riederwaldtunnels erst erfolgen, wenn die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt sind. Die langjährigen Debatten rund um die Einhausung statt hoher Lärmschutzwände, lassen zähe und mehrmalige Klageverfahren erwarten. Es droht ein Szenario, in dem der Riederwaldtunnel zwar fertig gebaut ist, aber nicht benutzt werden darf. Dies gilt es zu vermeiden!

Der Wald, der ab dem 01. November 2022 von der Rodung bedroht ist, ist Habitat einiger hoch geschützter Tierarten, wie z.B. dem Eichen-Heldbockkäfer und der Bechsteinfledermaus. Der Heldbockkäfer genießt eine besondere Bedeutung nach europäischen Naturschutzrecht (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) und die Obere Naturschutzbehörde überprüft sein Vorkommen gerade noch fachlich und rechtlich. Das Vorkommen der Bechsteinfledermaus wurde schon im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses festgestellt und die Umsiedlung vorgeschrieben. Allerdings wurden die neuen Habitate noch nicht angenommen. Beide Tierarten sind bei einer Rodung des Waldes in ihrem Lebensraum bedroht. Eine Rodung bedeutet daher nicht nur einen herben Schlag für die Artenvielfalt in Frankfurt und ganz Hessen, sondern gegebenfalls auch einen Verstoß gegen europäisches Recht und Planungsrecht.

Nicht zuletzt handelt es sich um einen ursprünglichen Eichen-Hainbuchenwald, der sich generell durch sein Artenreichtum auszeichnet und im Frankfurter Arten- und Biotopschutzkonzept als Teil des GrünGürtels eine „herausragende“ Bedeutung einnimmt.

Die Kosten für den Bau dieses verkehrs- und umweltpolitischen Desasters sind von den bisher geschätzten 470 Millionen bereits auf 600 Millionen Euro angestiegen. Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht und die Summe könnte bis zum Abschluss des Projektes auf über 1 Milliarde Euro ansteigen. Würde das gleiche Geld in den Umweltverbund investiert werden, könnten wir einen viel größeren Mehrwert an nachhaltiger Mobilität für alle schaffen. Eine Reihe von kostengünstigeren und klimafreundlicheren Alternativen zum Riederwaldtunnel sind in der Veröffentlichung „Alternativen zur Autobahnplanung im Frankfurter Osten“ des Bündnis Verkehrswende Frankfurt aufgeführt. Es ist grotesk, wenn sozial gerechte Maßnahmen im Mobilitätsbereich, wie z.B. das 9€-Ticket, dauerhaft für unfinanzierbar gehalten werden, während beim Autobahnausbau mit Geld nur so um sich geworfen wird.

Da kein neuer Autobahnkilometer ohne Protest gebaut werden darf, ist der Fechenheimer Wald seit letztem Jahr von Umweltschützer*innen besetzt. Wir stellen uns solidarisch auf ihre Seite, denn die Rodung des Waldes in Zeiten der Klimakrise wäre ein fatales Zeichen und widerspricht den Zielen einer Mobilitätswende. Der Symbolcharakter ist ähnlich, wenn nicht sogar gleich groß, wie bei den Diskussionen und den Auseinandersetzungen rund um die A49 und den Dannenröder Forst einzuschätzen.

Deshalb fordern wir:

  • Ein sofortiges Bau- und Rodungsmoratorium bis alle arten-, tier- und lärmschutztechnischen Fragen geklärt sind. Zudem soll eine Klimabilanz erstellt werden. In keinem Fall dürfen voreilig Tatsachen geschaffen werden.
  • Dass Arten-, Baum- und Klimaschutzgesetze für genauso wichtig behandelt werden wie der Bundesverkehrswegeplan und das Baurecht. Solange mögliche Verstöße gegen eines der genannten vorliegt, muss der Ausbau von Autobahnen gestoppt werden.
  • Eine Kriminalisierung der Waldbesetzer*innen und allen Menschen, die sich für den Erhalt des 2,7 ha großen Waldstücks einsetzen, lehnen wir ab. Gleichzeitig fordern wir zu einem fairen Umgang aller Beteiligten in der anstehenden Extremsituation auf.
  • Bundesverkehrsminister Wissing und die Regierungsfraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP müssen die dringend notwendige Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans auf den Weg bringen. Um den politischen Druck zu erhöhen, sehen wir auch die Landesregierung in einer gewissen Verantwortung. Als ersten Schritt ist die Bedarfsplanüberprüfung mit veränderten Prioritäten und der sogenannte Infrastrukturkonsens gemäß Koalitionsvertrag einzuleiten. Dies beinhaltet aus unserer Sicht die Herausnahme des Riederwaldtunnels aus der Liste der zu realisierenden Projekte.
  • Gemäß der sozial-ökologischen Transformation umzuverteilen, klimaschädliche Subventionen zu streichen und Investitionen zu ermöglichen, die dem Umweltverbund (Fuß- und Radverkehr sowie dem ÖPNV) zu Gute kommen und nachhaltige Mobilitätsformen fördern. Im Hinblick auf den Pendler*innenverkehr beeinhaltet dies:
    • Planung und Fertigstellung von Radschnellwegen in der Region beschleunigen
    • Das 49 €- Ticket ist nur ein Anfang: Weitere Schritte müssen mit einem hessenweiten 365€-Jahresticket und langfristig kostenlosen ÖPNV folgen, sodass auch Menschen mit niedrigem Einkommen klimagerecht mobil sein können.
    • Den Ausbau des ÖPNVs, sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten. Besonders auch Gewerbe- und Industriegebiete sollen hierbei bezüglich ihrer Anschlüsse an den ÖPNV untersucht und verbessert werden.



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